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Verjährung von Ordnungswidrigkeiten

Verjährung von Ordnungswidrigkeiten

Ist es nicht einfacher, so lange zu warten, bis das Delikt aus der Akte bzw. dem Fahreignungsregister gelöscht wurde, anstatt sich einer unangenehmen MPU zu stellen? Falls du dir diese Frage schon einmal gestellt hast, bist du hier genau richtig! Alles über Tilgungsfristen und die Löschung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten erfährst du in diesem Blogbeitrag.

Was das Thema Verjährung von Delikten angeht, herrscht allgemein viel gefährliches Halbwissen und Hörensagen. Das ist kaum verwunderlich, da Gesetzestexte nicht unbedingt so geschrieben sind, dass man sie leicht versteht. Dafür bin ich jetzt aber da und wir fangen auch direkt an.

Grundsätzlich gibt es im Fahreignungsbewertungssystem drei
verschiedene Längen von Tilgungsfristen und zwar 2,5, 5 und 10 Jahre. Geringere
Ordnungswidrigkeiten werden mit einem Punkt und einer Tilgungsfrist von 2,5
Jahren gespeichert. Schwerwiegendere Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten, die
aber nicht direkt zu einem Entzug der Fahrerlaubnis geführt haben, werden mit 2
Punkten und einer Tilgungsfrist von 5 Jahren gespeichert. Dazu zählen auch Ordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG, also Alkoholfahrten zwischen 0,5 und 1,09 Promille oder Fahrten unter Drogeneinfluss, aber hierzu später mehr. Straftaten mit direktem Entzug der Fahrerlaubnis haben 3 Punkte und 10 Jahre Tilgungsfrist zur Folge.

Das hört sich jetzt auf den ersten Blick doch eigentlich ganz einfach an. Der Begriff Tilgungshemmung war vielen Menschen vor der Punktereform 2014 lange Zeit ein Dorn im Auge. Zwar existiert die aufschiebende Wirkung auf Tilgungsfristen durch erneute Delikte nicht mehr, jedoch gibt es nach wie vor eine ganz entscheidende Regelung. Bei Verkehrsstraftaten, die direkt zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt haben, beginnt die Tilgungsfrist erst mit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis oder spätestens 5 Jahre nach dem Datum der Rechtskraft der Eintragung in das Fahreignungsregister. Solltest du also eine Alkoholfahrt mit 1,6 oder mehr Promille gehabt oder aufgrund von Alkohol oder Drogen eine Gefahr im Straßenverkehr dargestellt haben, musst du ganze 15 Jahre warten, bis du einen Antrag auf Neuerteilung stellen kannst, ohne anschließend von deiner Führerscheinstelle eine MPU angeordnet zu bekommen.

Doch wie ist es jetzt mit Ordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG? Im Unterschied zu Alkoholdelikten existieren für Drogendelikte keine klaren Grenzwerte, ab denen eine Drogenfahrt allein aufgrund der Höhe der gemessenen Substanzen im Blut zu einer Straftat wird. Die Bestimmung der absoluten Fahruntüchtigkeit ab 1,6 Promille bei Alkohol fehlt dementsprechend für Drogen. Das hat zur Folge, dass Drogenfahrten ohne Gefährdungscharakter nur als Ordnungswidrigkeit eingestuft und demnach mit 2 Punkten und 5 Jahren Tilgungsfrist gespeichert werden. Für einen solchen Ordnungswidrigkeitentatbestand müssen aber sogar erst bestimmte Grenzwerte überschritten sein und bei einer Fahrt unter Cannabiseinfluss droht sogar nicht einmal der sofortige Entzug der Fahrerlaubnis. Mehr zu diesen Grenzwerten und zur Unterscheidung von Drogenfahrten unter Einfluss von Cannabis und harten Drogen findest du auch in diesem Video: Cannabis vs. harte Drogen

Drogenfahrten werden also, so lange es keine Verurteilung aufgrund einer Gefährdung im Straßenverkehr gab, nach 5 Jahren getilgt. Grundsätzlich gilt zudem, dass aus dem Register getilgte Eintragungen auch aus den behördlichen Akten zu entfernen sind. Zwar darf die Behörde wissen, dass die Fahrerlaubnis früher mal entzogen wurde, nach Ablauf der Tilgungsfrist dürfen die Sachverhalte, auch wenn sie noch aktenkundig sein sollten, aber nicht mehr bei der Entscheidungsfindung verwertet und auch nicht an Dritte, z.B. Gutachter, Anwälte oder Gerichte übermittelt werden. So wäre zum Beispiel ein medizinisch-psychologisches Gutachten, in dem bereits getilgte Vorfälle, von denen der Gutachter durch eine nicht bereinigte Verwaltungsakte Kenntnis erlangte, in der MPU besprochen und dadurch in das Ergebnis eingeflossen sind, mangelhaft und daher nicht verwertbar.

Also kann ich doch einfach 5 Jahre nach meinem Cannabisdelikt einen Antrag auf Neuerteilung stellen und bekomme meinen Führerschein ohne MPU zurück, richtig? Falsch! Zwar werden die Punkte getilgt, die du aufgrund des Delikts bekommen hast, das Delikt selbst darf aber bis zum Tilgungsdatum des Eintrags über den damit zusammenhängenden Entzug der Fahrerlaubnis weiterhin für fahreignungsrelevante Entscheidungen verwendet werden. Als ob das nicht bitter genug wäre, erneuert sich diese Rechtsgrundlage bei jeder weiteren mit dem Delikt in Verbindung stehenden negativen Verwaltungsentscheidung, die Hinweise auf deine Nichteignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs gibt. Hierzu zählen das Abgeben eines negativen Gutachtens oder das Ablaufen einer Frist bis zu der man ein Gutachten hätte vorlegen sollen. Diese sog. Versagungen erhalten einen neuen Eintrag im Fahreignungsregister und werden 10 Jahre gespeichert, wobei auch diese Frist, wie oben bereits beschrieben, erst mit einer Neuerteilung oder 5 Jahre nach dem Datum der Rechtskraft der Eintragung beginnt.

Zu guter Letzt noch ein Wort zur sog. Überliegefrist. Nach dem Tilgungsdatum liegen Delikte noch ein weiteres Jahr in der Überliegefrist und werden im Fahreignungsregister weiter vorgehalten. Das hat den Hintergrund, dass weitere Delikte, die in der Zeit kurz vor der Tilgung passieren, der Behörde zum Zeitpunkt der Tilgung eventuell noch nicht bekannt waren, sich aber im Nachhinein ein überschneidender Zeitraum ergeben kann, aus dem sich Maßnahmen zur Fahreignungsüberprüfung ableiten lassen..