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Legalize it! Kommt die Cannabis Legalisierung?

Legalize it! Kommt die Cannabis Legalisierung?

Du hast es bestimmt schon mitbekommen: Die aktuelle Bundesregierung will mit dem Verbot von Cannabis Schluss machen und Cannabis legalisieren. Warum Cannabis eigentlich illegal war, was die Legalisierung für Vorteile, aber auch für Probleme mit sich bringen kann und was es vor allem für den Straßenverkehr bedeutet, das erfährst du in diesem Blogbeitrag.

Wie schon erwähnt, hat die Ampel-Koalition in ihrem Koalitionsvertrag vom 24.11.21 festgehalten, dass der Verkauf und Erwerb von Cannabis wieder legal werden soll. Ja genau, wieder. Vor gut 100 Jahren wurden nämlich anfangs des 20. Jahrhunderts die ersten internationalen Opiumkonferenzen abgehalten, die nach den Opiumkriegen zwischen England und China und einer steigenden Zahl an drogenabhängigen Menschen zunächst einmal das Ziel hatten Morphin, Codein, Heroin und Kokain zu verbieten. Der Beschluss auch Cannabis auf die Liste verbotener Substanzen zu setzen, wurde auf der Genfer Opiumkonferenz 1925 gefasst und von Deutschland zum 1. Januar 1930 durch das Opiumgesetz, heute Betäubungsmittelgesetz, eingeführt. Bis dahin war Cannabis entweder frei oder in Apotheken erhältlich.

Die Gründe für diese weltweite Verbotswelle von Cannabis und anderen Drogen sind wie immer vielfältig. Man sollte in diesem Zusammenhang aber dem damals oft noch sehr nationalen oder sogar offen rassistischen Gedankengut nach Ende des 1. Weltkriegs Beachtung schenken. Die Vorstellung die Reinheit und Stärke der eigenen Nation durch die Befreiung von Lastern wie Drogen oder Alkohol besonders hervorzuheben, fand ihren Niederschlag unter anderem im Slogan „Für Familie und Moral“ während der Prohibition in den USA von 1920 bis 33. Propagandafilme und Werbung in den Medien, haben zudem durch eine falsche Darstellung der Wirkung von Cannabis ihren Teil zur damaligen Meinungsbildung beigetragen. Anders aber als die Prohibition, fand das Verbot von Cannabis kein jähes Ende, sondern hielt durch eine UN-Konvention von 1961, federführend durch Harry Anslinger, den früheren Chef des U.S. amerikanischen Drogendezernats, Einzug in die Strafgesetzbücher von heute 186 Staaten weltweit.

So viel zur Geschichte von Cannabis, aber wir schauen ja in die Zukunft und die sieht grün aus, also rot-gelb-grün. Die Bundesregierung verspricht sich von einer Legalisierung natürlich positive Effekte auf unterschiedlichsten Ebenen. Zum einen wird Polizei und Staatanwaltschaft entlastet, Gelegenheitskiffer entkriminalisiert, der Schwarzmarkt eingedämmt und dadurch vor allem der Konsum von verunreinigtem oder synthetischem Cannabis reduziert. Grundsätzlich geht es aber um eine Abkehr vom Verbot, hin zur Aufklärung und einem offenen Umgang. Zusätzlich werden noch Arbeitsplätze geschaffen und Steuereinnahmen generiert, also warum noch warten, oder?

Eines der Hauptargumente gegen eine Legalisierung war schon seit jeher die Gefahr, dass Cannabis eine Einstiegsdroge für härtere Drogen wie Amphetamine, Kokain oder Opiate ist. Anzeichen hierfür gibt es teilweise zwar aus neuesten Studien für Kokain, so stieg in den US-Staaten Oregon und Colorado der Kokainkonsum in den Jahren nach der Legalisierung überproportional an, jedoch zeigt sich diese Korrelation nicht in allen US-Staaten nach der Legalisierung. Viel naheliegender ist deshalb, dass die grundsätzliche Bereitschaft Drogen auszuprobieren einen stärkeren Effekt auf die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer polyvalenten Drogenproblematik hat, als die Legalität.

Über Langzeitschäden durch den Konsum von Cannabis, wird in der Wissenschaftsgemeinschaft immer noch sehr kontrovers diskutiert. Es lässt sich jedoch ziemlich sicher sagen, dass die Folgen nicht zu unterschätzen und die Risiken vor allem für Jugendliche, mit sich noch in der Entwicklung befindenden Gehirnen, größer sind. Konzentrationsschwierigkeiten, Impulsivität, aber auch die Anfälligkeit für psychische Krisen oder ein verstärktes Suchtverhalten im späteren Leben, sind hier oft genannte Konsequenzen durch einen intensiven Konsum während der Jugend. Deshalb wird Medizinalcannabis bei jüngeren Patienten auch nur sehr ungern verschrieben. Falls du Beschwerden hast, die du mit Cannabis therapierst oder dich das Thema THC-Pass einfach interessiert, solltest du dir dieses Video anschauen: Muss ich wegen Medizinalcannabis zur MPU?

Aber wie sieht es jetzt mit dem Straßenverkehr aus? Wird es durch eine Legalisierung zu mehr Drogenfahrten und dadurch auch mehr Unfällen, Verletzten und Toten kommen? Diesen Zusammenhang konnte man in den vier US-Staaten, in denen Cannabis bisher legal ist, in den letzten Jahren nicht feststellen. Was alleine die Strafbarkeit angeht, muss man jedoch beachten, dass sich die Grenzwerte für THC international sehr unterscheiden. In vielen europäischen Ländern sind die Grenzwerte deutlich lockerer, wie zum Beispiel 2 ng/ml in Dänemark, Frankreich oder Griechenland, 3 ng/ml in Großbritannien, Polen oder der Schweiz, und in Portugal oder den Niederlanden sind sogar bis 6 ng/ml erlaubt. Im US-Staat Colorado darf man umgerechnet sogar mit ca. 10 ng/ml noch fahren. Hierzulande liegt der Grenzwert jedoch sehr konservativ bei 1 ng/ml, festgelegt durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2004, dass sich an einer damaligen Empfehlung der Grenzwertkommission des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur orientierte. Aber selbst diese Kommission empfiehlt mittlerweile erst bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen von einer fehlenden Trennung von Konsum und Fahren auszugehen.

Ähnliche Töne wurden während einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am 24.02.21 im Deutschen Bundestag laut, als Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands, darauf hinwies, dass Cannabis nicht wie Alkohol linear abgebaut wird und es deshalb sehr viele nüchterne Fahrer gibt, die viele Stunden nach dem letzten Konsum noch mit unwirksamen THC-Restwerten zwischen einem und 5 ng/ml unterwegs sind. Die Bundesanstalt für Straßenwesen hält einen geforderten Grenzwert von 10 ng/ml jedoch für sehr hoch gegriffen und verweist auf Studien die bei einem Wert von 3,8 ng/ml ähnliche Einschränkungen wie bei 0,5 Promille erkennen lassen. Es wird aber auch zur Sprache gebracht, dass unter 2 ng/ml im Normalfall keine Beeinträchtigungen mehr zu erwarten sind. Es ist also ordentlich Bewegung im Grenzwertbereich. Mehr zu Grenzwerten, speziell im Fall der THC-Carbonsäure, aber auch bei anderen Drogen, findest du in diesen Videos: THC Werte erklärtCannabis vs. harte Drogen.

Unabhängig davon, ob man mit einem bestimmten THC-Wert nun straffrei fahren darf oder nicht, hat allein der Konsum von Cannabis natürlich auch immer seine dunkle Seite, weshalb schon der Konsum an sich, wie bei jeder Droge, ein Spiel mit dem Feuer ist. Das gleiche gilt natürlich auch für Alkohol, nur dass der Konsum von alkoholischen Getränken in unserem derzeitigen Zeitgeist als gesellschaftlich akzeptiert gilt und zudem oft verharmlost oder sogar als fester Bestandteil von freudigen Anlässen angesehen wird.

Wir würden dir zwar nicht empfehlen in deiner Drogen-MPU den Vergleich zu Alkohol zu ziehen, da das als Bagatellisierung deines problematischen Cannabiskonsums interpretiert wird, trotzdem sprechen die Zahlen von Toten durch Alkohol und Toten durch Cannabis eine eindeutige Sprache…